ÈÇÓ×ÅÍÈÅ ßÇÛÊΠ| Íåìåöêèé | Niemand! Niemals! Nirgends! 021t


Frank Schätzing - Tod Und Teufel

Krimi des Mittelalter

Hörbuch

 

  Die Zeit quälte sich dahin.
Kuno murmelte etwas und öffnete die Augen. Es lag ein unnatürliches
Leuchten darin. Er stützte sich auf die Ellbogen.
Jacop bedeutete ihm per Handzeichen, sich nicht zu bewegen, aber
Kuno schien ihn nicht zu sehen. Er richtete sich langsam auf und streckte
die Hand aus, als wolle er nach etwas greifen.
»Gerhard?« fragte er.
»Runter!« flüsterte Jacop.
»Gerhard!«
Mit unerwarteter Behendigkeit sprang Kuno von der Bank und taumelte
hoch. Er stand genau im Durchgang.
»Gerhard!!!«
»Weg von der Luke!« schrie Jacop. Er sprang auf den Verletzten zu und
packte seinen Arm. Kunos Kopf fuhr zu ihm herum,
Augen und Mund weit aufgerissen. Seine Hände schossen vor und umklammerten
Jacops Schultern wie zwei Schraubstöcke. Jacop machte verzweifelte
Anstrengungen, um sich loszureißen, aber Kuno schien ihn nicht
zu erkennen. Er hielt ihn in eisernem Griff, entwickelte die Kräfte eines
Wahnsinnigen, während er mit überschlagender Stimme Gerhards Namen
brüllte.
Dann ging alles sehr schnell.
Jacop sah hinter Kuno etwas Großes, Schwarzes aus der Luke kommen
und hörte ein schnappendes Geräusch. Ein Ausdruck unsäglicher Verwunderung
trat in Kunos Augen. Jacop brauchte einen Moment, um zu begreifen,
woher die Pfeilspitze kam, die plötzlich aus dem weitgeöffneten Mund
des Patriziers ragte. Dann erschlaffte Kunos Körper, sackte gegen ihn und
riß ihn mit sich zu Boden.
Das Scheit entglitt Jacops Hand und schlitterte über den Holzboden
fort.
Urquharts Gestalt kam in sein Blickfeld. Kurz erhaschte Jacop einen
Blick auf das Gesicht des Mörders.
Es war vollkommen ausdruckslos.
Mit einem Aufschrei schwang Jaspar den Krug. Das Öl ergoß sich gegen
Urquhart. Der Mörder wirbelte herum und holte aus. Jaspar flog wie ein
Spielzeug durch die Stube und prallte gegen Richmodis. Mit aller Kraft
stieß Jacop Kunos Leiche zur Seite und gewahrte Goddert im wohl
tapfersten Moment seines Lebens auf Urquhart zurennen, das Schwert mit der
Rechten über dem Kopf schwingend. Seine verkrümmten Finger hielten
den Griff, als könne keine Macht der Welt sie je wieder davon lösen.
Urquhart packte sein Handgelenk.
Goddert keuchte. Sie standen einander gegenüber wie Statuen, zur Regungslosigkeit
verschmolzen.
»Vater«, schrie Richmodis. »Laß das Schwert los!«
Urquharts Züge wiesen nicht die geringste Regung auf. Langsam sackte
Goddert in sich zusammen.
Wo war die verdammte Fackel?
Da lag sie! Da unter der Bank! Mit einem Satz war Jacop dort, fingerte
nach dem Scheit, zog es hervor und rollte sich auf den Rücken.
»Vater!« schrie Richmodis wieder.
Sie hatte sich unter Jaspar hervorgekämpft und stürzte sich nun auf
Urquhart. Jacop sah die Armbrust hochfahren und fühlte sein Herz zu Eis
werden.
Dann fiel ihm ein, daß ja kein Bolzen darin war. Im nächsten Moment
traf die Waffe Richmodis gegen die Stirn und warf sie zurück. Urquhart
stand wie ein Baum inmitten der Stube, unverändert seine Finger um Godderts
Handgelenk geschlossen.
»Jaspar«, wimmerte Goddert. Das Schwert kippte langsam aus seiner
Handfläche.