ÈÇÓ×ÅÍÈÅ ßÇÛÊΠ| Íåìåöêèé | Niemand! Niemals! Nirgends! 018t


John Grisham - Der Regenmacher

Hörbuch

 

  Kelly zerteilt ihr schmales Stück Pizza mit einer Gabel und ißt
winzige Häppchen. Ihre Lippen sind immer noch geschwollen
und ihre Wangen und Kiefer sehr empfindlich. Wir sitzen auf
ihrem Bett, mit ausgestreckten Beinen, den Rücken an der
Wand; der Pizzakarton liegt zwischen uns. Auf einem Fünfundvierzig-
Zentimeter-Sony, der in dem kleinen Zimmer
nicht weit von uns auf einer Kommode steht, sehen wir uns
einen Western mit John Wayne an.

Sie hat ein paarmal geweint, und ich verspreche ihr immer
wieder, daß dies die letzten Schläge waren. Es wird nie wieder
passieren, und wenn ich den Dreckskerl mit eigenen Händen
umbringen muß. Und ich meine es ernst. Ich bin ganz sicher,
daß ich, falls er sich ihr noch einmal nähern sollte, ihm das
Gehirn wegpusten könnte.
Verhaftet mich. Klagt mich an. Macht mir den Prozeß. Gebt
mir zwölf Leute auf den Geschworenenbänken. Ich habe eine
Glückssträhne.
Ich erzähle ihr nichts von dem Urteil. Hier, wo ich neben ihr
in diesem dunklen, kleinen Zimmer sitze und John Wayne
beim Reiten zusehe, scheint Kiplers Gerichtssaal tage- und
meilenweit entfernt zu sein.
Und dies hier ist genau der Ort, an dem ich sein möchte.
Wir essen den Rest der Pizza und schmiegen uns eng aneinander.
Wir halten uns bei den Händen wie zwei Teenager. Aber
ich muß sehr vorsichtig sein, weil sie buchstäblich überall vom
Kopf bis zu den Knien verletzt ist.
Der Film geht zu Ende, und es kommen die Zehn-Uhr-
Nachrichten. Plötzlich interessiert es mich, ob der Black-Fall
erwähnt wird. Nach den obligatorischen Morden und Vergewaltigungen
und nach dem ersten Werbeblock verkündet der
Moderator ziemlich großspurig: »In einem Gerichtssaal in
Memphis wurde heute Geschichte geschrieben. In einem Zivilprozeß
hat eine Jury die Great Benefit Life Insurance Company
in Cleveland, Ohio, zu einer Rekordgeldstrafe von fünfzig Millionen Dollar verurteilt.
Rodney Frate mit den Einzelheiten.«
Ich kann nicht anders, ich muß lächeln.


»Du hast gewonnen?« fragt sie.
Sie ist nicht verblüfft, nur unsicher.
»Ich habe gewonnen.«
»Fünfzig Millionen Dollar?«
»Ja. Aber noch ist das Geld nicht auf der Bank.«
»Rudy!«
Ich zucke die Achseln, als wäre das bloßer Alltagskram.
»Ich hatte Glück«, sage ich.
»Aber du bist doch gerade erst mit dem Studium fertig geworden?«
Was soll ich sagen?
»So schwierig war das nicht. Wir hatten
eine großartige Jury, und die Tatsachen haben sich einfach ergeben.«
»Ja, einfach so, als passierte das jeden Tag.«